14
Mai
2025
|
12:25
Europe/Amsterdam

Formel für starke Chemie

Zusammenfassung

Deutschland und Europa brauchen eine starke Chemie. Bislang ist das Umfeld nicht dazu angetan. Doch in Berlin wie in Brüssel scheint man sich jetzt wieder mehr auf die Bedeutung der Branche zu fokussieren.

Erst in Brüssel, jetzt in Berlin – die wirtschaftspolitischen Positionslampen markieren wieder den richtigen Kurs. Was die EU-Kommission vor zweieinhalb Monaten mit dem Clean Industrial Deal eingeleitet hat, setzt jetzt die neue Bundesregierung fort: das Eintreten für eine starke Industrie in einem wettbewerbsfähigen Umfeld. Das ist auch bitter nötig, um den Abwärtssog der drittgrößten Volkswirtschaft zu stoppen. Bereits jedes dritte deutsche Unternehmen will dieses Jahr weniger investieren als 2024. Und ebenso viele Firmen rechnen damit, Stellen streichen zu müssen. 

Die Wirtschaft steht daher zu Recht im Koalitionsvertrag an erster Stelle. Nun ist Papier zwar geduldig, und der Schritt vom Wollen zum Machen bekanntlich der schwerste. Trotzdem – ich gebe dem schwarz-roten Bündnis trotz der verstolperten Kanzlerwahl, des Hickhacks und der Wendemanöver im Vorfeld und der dünnen Mehrheit im Bundestag erstmal einen Vertrauensvorschuss. Denn das Regierungsprogramm umfasst viele Kernelemente, um Deutschland wieder nach vorne zu bringen: Innovation fördern, Bürokratie abbauen, Energiepreise senken. 

Auf Chemietreffen keimt Hoffnung

Alles Ansinnen, für die sich „meine“ Branche, die Chemie, energisch eingesetzt hat. Entsprechend hoffnungsvoll – oder zumindest weniger besorgt – war denn jetzt auch die Stimmung auf unserem wichtigsten Branchentreffen, der Handelsblatt Jahrestagung in Berlin. Umso mehr, als Union und SPD sich der großen Bedeutung unserer Industrie klar zu sein scheinen. Denn sie ist die unsichtbare helfende Hand vieler anderer Schlüsselbereiche, die erst durch uns nachhaltiger, resilienter und digitaler werden – das hat sich mir auf der „Chemie 2025“ einmal mehr eindrucksvoll gezeigt.

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Daher kann es nur im Interesse des gesamten Standorts wie der EU sein, dass die Koalitionäre Deutschland „zum weltweit innovativsten Chemie-, Pharma- und Biotechnologiestandort“ machen und dafür eine „Chemieagenda 2045“ erarbeiten wollen. Was auch an einigen Stellen in ihrer Regierungsagenda bereits durchschimmert. Etwa wenn sie sich dafür stark machen, die Kreislaufwirtschaft und insbesondere das zukunftsweisende chemische Recycling zu unterstützen.

Zukunftsweisende Punkte im Koalitionsvertrag

An anderer Stelle sprechen sich die Partner dafür aus, die Rahmenbedingungen für die Gewinnung strategisch wichtiger Rohstoffe wie Natriumchlorid, also hochreinem Salz, in der EU zu verbessern. Auch dies ein Beitrag zur Stärkung der Chemieindustrie. Denn Siedesalz ist der wichtigste Rohstoff, um Chlor und Natronlauge sicher und kostengünstig herzustellen. Chemikalien, die für eine Vielzahl von essenziellen Produkten unseres täglichen Lebens unersetzlich sind – etwa Kunststoffe, Medikamente, Pflanzenschutzmittel, Farben, Lacke und Desinfektionsmittel.

Solche Themen in den europäischen Kontext zu setzen, ist daher genau richtig. Denn als der mit Abstand größte Chemiestandort in der EU kann und muss Deutschland entscheidend dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft und strategische Souveränität der Gemeinschaft auszubauen. Für alles braucht es eine starke Chemie.

Was in Brüssel jetzt auch klarer zu sein scheint als bisher. Dass Ursula von der Leyen jetzt in den direkten Austausch mit Unternehmen geht und viele meiner Kolleginnen und Kollegen und mich zu einem Chemiegipfel empfangen hat, zeigt jedenfalls: Die Kommissionspräsidentin macht Industriepolitik zur Chefsache. Und wenn sich das auch noch in Berlin durchsetzt, ist es schon mal die halbe Miete.

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