KI – die Kunst der intelligenten Nutzung
Angesichts der Zunahme von Fake News und Manipulation wird Künstliche Intelligenz in Europa nun reguliert. Bei allen Risiken müssen wir aber unbedingt ihr immenses Potenzial ausschöpfen, vor allem im digital mittelmäßigen Deutschland.
Der Papst im glänzenden Daunenmantel. Kanzler Olaf Scholz beim Salto über das Rednerpult im Deutschen Bundestag. Beispiele für täuschend echt gefälschte Fotos und Videos, die mit Hilfe Künstlicher Intelligenz erzeugt werden und deren Zahl explosionsartig zunimmt. Von daher ist es nachvollziehbar, dass viele Menschen derzeit KI eher mit Manipulation und Gefahr gleichsetzen. Desinformation durch KI wird mittelfristig als größtes globales Risiko angesehen, noch vor Extremwetter und bewaffneten Konflikten.
Und es ist verständlich, dass versucht wird, Auswüchsen einen Riegel vorzuschieben – etwa mit dem „AI Act“ der Europäischen Union, dem weltweit ersten Regelwerk für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz, das jetzt in Kraft getreten ist. Doch so wichtig ethische Prinzipien und eine verantwortungsvolle Nutzung von KI sind, so wichtig ist es auch, den Regulierungsrahmen angesichts der extremen Schnelllebigkeit der Tech-Welt praktikabel und innovationsfreundlich zu gestalten. Wie rasch sich die Verhältnisse ändern können, zeigt uns gerade der Aufstieg des chinesischen Chatbots DeepSeek, der die Platzhirsche aus dem Silicon Valley herausfordert.
Ich will aber an dieser Stelle weniger über die Risiken sprechen als vielmehr den Blick auf die Chancen der Künstlichen Intelligenz und der Digitalisierung insgesamt richten. Und zwar vor allem in Bezug auf Deutschland, das einen Digitalisierungsgrad aufweist, der seinem gefährdeten Rang als drittgrößte Industrienation nicht gerade förderlich ist.
Deutschland bei Digitalisierung nur Mittelmaß
Zwar sind 95 Prozent der Bevölkerung inzwischen online; insbesondere in Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Mobilität und Klimaschutz werden mit der Digitalisierung große Erwartungen verbunden. Dennoch – im internationalen Vergleich liegt das Land in verschiedenen Rankings bestenfalls im Mittelfeld. Ein Befund, mit dem wir uns nicht zufriedengeben dürfen.
Ich hoffe daher, dass nach der Bundestagswahl mehr Drive in zentrale Handlungsfelder kommt: die digitalen Kompetenzen der Gesellschaft stärken, eine funktionierende Infrastruktur und digitale Verwaltung zur Verfügung stellen sowie digitale Transformation und Innovation fördern.
Den Digitalturbo müssen wir vor allem für die ebenfalls abstiegsgefährdete hiesige Industrie einlegen. Denn viele Unternehmen schöpfen einer aktuellen Studie zufolge noch bei weitem nicht das große Potenzial der Künstlichen Intelligenz aus, wonach sich die Produktivität im Schnitt um fast 20 Prozent erhöhen lässt. Die Autoren sprechen mir aus der Seele, wenn sie KI als „Jahrhundertchance“ für Deutschland beschreiben.
Wir bei Covestro setzen alles daran, diese Chance zu ergreifen. Deswegen haben wir KI auch kürzlich in unsere Unternehmensstrategie aufgenommen. Wir sehen in ihr einen einzigartigen Innovationstreiber und Wachstumsmotor, wollen sie zu einem fundamentalen Bestandteil unserer Arbeitsweise, Entscheidungsfindung und der Wertschöpfung für unsere Kunden und die Gesellschaft machen. Dazu braucht es aber auch die richtige Einstellung: KI nicht als Bedrohung oder Übermacht sehen, sondern als Bereicherung, als einen hilfreichen Assistenten.
Ein solches Mindset sollte sich auf das gesamte Land übertragen, damit es als Hightech-Nation wieder aufschließt. Immerhin, die Grundvoraussetzungen sind offenbar nicht schlecht. Jedenfalls hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bescheinigt: Deutschland hat im globalen Wettbewerb um KI eine gute Ausgangsposition, vor allem in der Forschung und mit seinem menschenzentrierten Ansatz, der weltweit Maßstäbe setzt. Jetzt liegt es an uns, mehr daraus zu machen.
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